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3. juli 2008

exkurs : cuba : wie viel havanna bin ich ?

durch die straßen und plätze havannas streifend: abblätternde fassaden, marode wände, ausgehöhlte ruinen. einst prachtvolle paläste und bürgerhäuser liegen im sterben. leere fensterhöhlen, abgebrochene balkone, verfallene innenhöfe, müllberge am straßenrand. ich ertappe mich dabei, ein bedauern zu spüren, wenn ich an einem der vorzeigehäuser in habana vieja vorbeikomme, die so ganz anders aussehen: renoviert, stabil, sauber.

ich liebe den verfall. er ist authentisch. er zeigt das lebendige eines prozesses von werden und vergehen. die risse in der fassade, die zerbrochenen fensterscheiben, die morschen balken erinnern mich daran, dass nur das vergehende leben kann, lebendig sein kann. die glatten, frisch gestrichenen fassaden dagegen - egal ob neu oder frisch saniert - versuchen genau das zu vertuschen, zu ignorieren. sie leugen das unvermeidlich bevorstehende ende, schüren kurzfristig die illusion von beständigkeit. dabei gibt es in unserer auf veränderung basierenden welt einen einzigen zustand von unveränderlichkeit und stabilität: den tod.

die menschen in havanna lügen ebenso wie die bunten fassaden - die lauten und lebendigen 16jährigen mädchen in ihren knappen shorts ebenso wie die gelifteten und sorgfältig gestylten älteren touristinnen. die einen lügen, weil sie es noch nicht wissen, sich dieser grandiosen illusion noch unschuldig hingeben dürfen. die anderen aus verzweiflung, aus trotziger auflehnung gegen das unvermeidliche.

die meisten besucher der stadt suchen und bewundern die bereits sanierten straßen mit ihrer scheinbar alterslosen geschichte. ich suche die zwischenwelten, die diese stadt für mich zugänglich und attraktiv machen: die sichtbare geschichte dieser alten villen und paläste, die manchmal spürbare dekadenz der 50er jahre, der kampf der jetzigen bewohner um jeden rest von bausubstanz, das auflehnen gegen das unvermeidliche ende, das tägliche ringen um ein armes, kleines leben in diesen ruinen. der wahnsinn eines dorflebens in einer engen millionenstadt, der wahnsinn vom intensivem alltag im verfall.

so viel vorliebe für den verfall - wie viel havanna bin ich selbst ?

so ne scheiß-frage !

 

 

 
 
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