endorphine 
                
                
                unterwegs. eigentlich nix neues für einen reiseprofi wie 
                mich. flughäfen, hotels, bahnhöfe - hat man einmal die 
                spielregeln und symbole dieser globalisierten mobilen welt gelernt, 
                navigiert man mit visa und handy routiniert und nahezu 
                intuitiv durch jeden ort dieser westlichen welt. 
                das ist gut, das schafft sicherheit und spart nerven. 
                
                alltagsdenken: jede reiseplanung, jedes alltagsdenken zielt nun 
                darauf ab, sich im rahmen dieser gewohnten strukturen und automatismen 
                zu bewegen. je vertrauter, desto reibungsloser, desto stressfreier. 
                ein wenig spannung kommt einzig dann auf, wenn man freiwillig 
                (meistens aber unfreiwillig) die bekannten räume oder strukturen 
                verlässt.
                
                unterwegs in österreich: 
                kein problem, mich in wien zu bewegen, oder per bahn 
                von wien nach graz. nun aber muss ich ins burgenland 
                und weiter in die steiermark. also: mietwagen. kein 
                problem, denke ich.
                
                erst als ich im auto sitze, stelle ich fest, dass ich unruhig 
                werde: seit jahren bin ich nur noch auf der insel selbst gefahren 
                - in meinem alten polo. wie also bedient man dieses moderne 
                high-tech-geschoss eigentlich? wo ist das licht? was piept denn 
                da dauernd? wie stellt man den sitz ein? puhhhhh!
                raus auf die straße: sechsspurige autobahn, feierabendverkehr 
                - spinnen die alle? mit maximal 100 sachen krieche ich 
                auf der rechten spur ...
                
                gottseidank hab ich ein navi, muss mich also nicht um 
                die hundert straßenschilder kümmern. die freundliche 
                stimme vermittelt kompetenz und sicherheit. ich folge ihr - aber 
                wieso sagt sie dauernd "achtung!" ? nach 15 
                minuten werd ich unruhig - das ist doch genau die falsche richtung!? 
                rausfahren, karte kaufen. stimmt. also doch wieder wie früher: 
                der blick wandert zwischen straße, schildern und karte - 
                und immer wieder auf die uhr: ich bin zu spät dran. schaffe 
                ich das noch? stress!
                
                und irgendwann stelle ich fest, wie sehr ich diese unsicherheit 
                genieße: ich bin knallwach, konzentriert. jede gefundene 
                abzweigung ist ein erfolgserlebnis, jede neu entdeckte funktion 
                im auto (oh: da ist das radio!) ein triumph. ich beginne, 
                die landschaft um mich herum wahrzunehmen: ein schönes 
                tal!, welch ein schönes abendlicht!.
                
                als ich schließlich (viel zu spät) ankomme, bin ich 
                fertig und zugleich seltsam glücklich:
                das neue, unerwartete, herausfordernde hat mich mit endorphinen 
                überschwemmt.
                
                das ist wohl urlaub: gewohntes verlassen, routinen brechen, 
                neues sehen, sich anders erleben.
                
                danke !
                
                