ich bin
eine eule
so lange ich
denken kann, befinde ich mich im zustand der dauerfehde mit der
deutschen arbeitsmoral. nicht, dass ich nicht arbeiten kann oder
will, es geht um das wann.
"morgenstund
hat gold im mund" oder "der frühe vogel
fängt den wurm" - diese sprüche signalisieren
den hohen wert, den man frühaufstehern zuschreibt (wobei
ich weder gold noch einen wurm im mund haben möchte ...).
wer früh aufsteht - so die annahme - ist dynamisch, leistungsstark
und schließlich erfolreicher als ein langschläfer.
leider entspreche
ich so gar nicht diesem bild. vor neun uhr bin ich eine wandelnde
mumie, unfähig zu einem klaren gedanken (von einem fröhlichen
lachen ganz zu schweigen). meine stundenpläne im studium
begannen prinzipiell erst um zehn, und auch in meinen jobs war
ich immer derjenige, der als letzter um halb zehn auftauchte.
zum unwillen mancher nine-to-five-vorgesetzter und fast
immer mit schlechtem gewissen (dass ich abends umso länger
blieb, hat ja keiner mehr mitbekommen ...).
das inselleben
bewirkte eine gewisse entspannung. hier entscheide ich, wann ich
am schreibtisch sitze, um meine seminare
und coachings
vorzubereiten. und das ist vorzugsweise mittags und nachts.
doch ganz entgehe ich dem deutschen arbeitsrhythmus dann doch
nicht: fatalerweise liegt gomera in einer früheren
zeitzone als deutschland. wenn also ein dynamischer deutscher
geschäftspartner gut gelaunt gegen neun uhr deutscher zeit
bei mir anruft, ist es bei mir gerade acht.
und das ist nicht nur früh - es ist sehr sehr früh.
nach meiner inneren uhr ziemlich genau mitten in der nacht. der
versuch, bei solchen telefonaten aufgeweckt zu klingen, scheitert
meist kläglich. und sofort meldet sich das schlechte gewissen
wieder....
entspannung
und verständnis finde ich nun bei neueren forschungsberichten
über das schlafverhalten bei menschen und tieren. etwa 10
prozent jeder population entsprechen den frühaufstehenden
'lerchen', 10 prozent den nachtaktiven 'eulen'.
ich bin also nicht allein. gut.
und: "die struktur und länge des schlafes ist für
die lebensabschnitte beginnend ab dem säuglingsalter genetisch
und damit auch individuell festgelegt. wer von kindheit an ein
morgen- oder abendtyp sein wird, scheint genetisch bedingt zu
sein" (quelle).
uff! - hat also nichts mit faulheit zu tun - schlechtes gewissen:
adios!
noch besser: langschläfer sind die intelligenteren menschen
- hat zumindest eine studie mit rekruten der air force
festgestellt (quelle).
und: "es bringt für den ganzen stamm vorteile, wenn
zumindest einer nachts wach bleibt, um aufzupassen, ob sich ein
feind anschleicht" (new york times, 18.4.05) - so die
evolutionsbiologische begründung.
sie müssten mir also dankbar sein, die dynamischen deutschen
frühaufsteher - ich wache schließlich über ihren
schlaf!
mit diesem wissen lässt sich's besser ausschlafen.
ja, ich bin eine eule !
ja, ich freue mich auf anrufe - ab elf uhr deutscher zeit ! :-)
(wer morgens schon wach ist, kann sich ja diesen vortrag
an der uni bamberg mal in aller ruhe durchlesen.)
schöne
nacht noch !