schweinebucht
abgefackelt
wie heißt
es immer so schön in asterix:
"ganz gallien ist besetzt von römischen truppen.
ganz gallien? nein, eine kleine gruppe ..."
so ähnlich
wurde bislang auch die so (schlecht) genannte schweinebucht
beschrieben: eine der letzten bastionen des 'wahren lebens'. aussteiger,
hippies, freaks jeder couleur ließen sich vor jahren (natürlich
illegal) in den höhlen einer kleinen bucht in der nähe
des valle gran rey nieder, erreichbar nur über einen
beschwerlichen fußweg. vor sich nur das meer, hinter sich
eine gewaltige felswand - so lebten die büchtler
jahrein, jahraus mehr oder weniger geduldet und friedlich vor
sich hin.
keines der
vielen kamera-teams deutscher tv-sender ließ diese attraktion
aus. schließlich verkörperte die bucht den alten traum
eines jeden geplagten normalos vom totalausstieg, vom
friedlichen und anspruchslosen leben: von der sonne geweckt werden,
eine runde im schwimmen, den tag nackt im warmen sand liegen,
gelegentlich philosophisches von sich geben, gemeinsam essen,
meditieren, trommeln zum sonnenuntergang. idylle pur. in der vorstellung
vieler deutscher zuschauer wurde gar die bucht gleichgesetzt
mit der gesamten insel.
nun wurde
die existenz dieser unwahrscheinlichen lebensform wieder mal in
frage gestellt. vor einigen tagen näherte sich ein schnellboot
der bucht, landungsboote enterten den strand und spuckten mehrere
dutzend bewaffneter milizen aus. die bewohner wurden vertrieben,
die improvisierten hütten in brand gesetzt.
diese aktion
passt leider nur allzu gut in die vorstellungswelt der offiziellen
im tal. der qualitätstourismus solle gefördert
werden, heißt es schon seit jahren. und so hat sich das
durchschnittsalter der besucher bereits in den vergangenen jahren
drastisch erhöht - tendenz: rente.
die strände, an denen sich früher hippies, studenten
und sozialpädagogInnen nackt im sand räkelten, werden
heute von rüstigen rentnern mit festem schuhwerk und karohemd
erobert. und schon kaum einem fällt es mehr auf, wenn deutsche
touristen im restaurant ganz selbstverständlich auf deutsch
bestellen und den kellner duzen.
in
dieses saubere deutsche bild eines genormten, langweiligen urlaubszieles
passen die hippies mit ihren merkwürdigen frisuren und lauten
trommeln offenbar nicht.
noch haben
die protagonisten des normierten tourismus ihr ziel nicht erreicht.
zwar haben einige der bewohner die bucht wohl für längere
zeit verlassen, sechs beharrliche aber sind schon wieder da und
haben damit begonnen, die zerstörten hütten wieder aufzubauen.
wie lange?
sollte sich
die linie der saubermänner durchsetzen, wird sich die insel
stark verändern. wenn dieser farbtupfer fehlt, wird ein bestimmtes
publikum ausbleiben: die sinnsucher, spinner, querdenker und esoteriker,
die - so nervig sie auch manchmal sind - dem tal wichtige
impulse geben.
und so wird
sich das valle gran rey schließlich kaum mehr unterscheiden
von den gesichts- und charakterlosen, durchkommerzialisierten
ferienorten auf teneriffa oder gran canaria.
bye-bye gomera?