gomera
ist gefährlich
mamta
hat das erst vor kurzem wieder mal erfahren, als sie es sich gerade
in ihrer hübschen kleinen hütte auf der finca
gemütlich machen wollte. ein leichtes poltern, dann ein gewaltiger
knall direkt vor ihrem häuschen.
nur zwei meter vom bett entfernt war ein 50 kilo-felsbrocken eingeschlagen.
nur wenige meter weiter ...
gomera lebt. die vulkane sind längst erloschen,
die erosion aber arbeitet stetig weiter. immer wieder lösen
sich auf den bergen, die sich bis zu 700 meter direkt über
der küste erheben, steine, felsen oder ganze berghänge.
bis sie unten ankommen, haben sie mächtig an fahrt gewonnen
und stellen eine echte bedrohung dar. häufig genug landen
sie in schlafzimmern, auf kühlerhauben oder treffen menschen
auf besonders exponierten wegen wie dem zur finca. immer
wieder gibt es so verletzte.
die gefahren der insel zu ignorieren, ist dumm: immer wieder müssen
leichtsinnige wanderer vom helikopter gesucht und geborgen werden.
immer wieder stürzen sich touristen ins meer, ohne von den
unsichtbaren felsen und tückischen strömungen zu wissen.
ein blutiges knie ist dann noch die harmloseste folge.
diese gefahren wahr zu nehmen, erhöht den reiz der insel
- machen sie doch deutlich, dass jeder tag der letzte sein könnte.
die größte gefahr aber ist unsichtbar - und viele sind
ihr schon zum opfer gefallen. es trifft 10-tage-touristen ebenso
wie schweinebüchtler oder ambitionierte sinnsucher:
die insel verändert die menschen. individuelle wertsysteme
werden geprüft, verworfen, neu definiert. prioritäten
werden neu geordnet, gewohnte selbstbilder und weltbilder bleiben
auf der strecke. es entsteht etwas neues.
wer sich der insel zu lange aussetzt, verändert sich und
ist nicht mehr zu gebrauchen für ein normales (?) leben in
der normalen (???) welt.
henry miller kann das besser formulieren:
"paradies oder nicht paradies, ich habe den bestimmten
eindruck, dass die menschen in dieser gegend sich bemühen,
der großartigkeit und dem adel der landschaft gerecht zu
werden ... sie verhalten sich, als wäre es ein vorrecht,
hier zu leben, als hätte ein gnadenakt sie hierher versetzt.
die landschaft ist viel zu überwältigend großartig,
als dass irgend jemand hoffen könnte, diesen eindruck durch
eigenes zutun noch zu verstärken. ... da an der landschaft
nichts zu verbessern ist, wird das verlangen geweckt, selbst besser
zu werden."
(henry
miller: big sur und die orangen des hieronymus bosch)