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25. april 2004


ökonomie und oxytocin


vertrauen in andere menschen zu haben, ist nicht nur eine persönliche vorliebe, sondern erfolgsstrategie - sie glauben es nicht?

klassische wirtschaftstheorie basiert auf der annahme, dass menschen bestrebt sind, ihren nutzen zu maximieren – und zwar individuell, ohne also die auswirkungen ihres handelns auf andere in ihren entscheidungen zu berücksichtigen. der homo oeconomicus: habgierig, egoistisch, isoliert – ein homo lupus, ein wolf.
wer dieses spiel gegeneinander am besten beherrscht, vielleicht auch noch ein wenig betrügt, profitiert am meisten. wer dagegen auf solidarität und vertrauen setzt, ist weniger erfolgreich.
auf dieser annahme basieren nicht nur wissenschaftliche theoriemodelle, sie ist zugleich grundlage vieler wirtschaftspolitischer spielregeln.

umso spannender, was wissenschaftler erfahren, wenn sie sich diesen fragestellungen nicht nur theoretisch, sondern experimentell und empirisch nähern. (psychologie heute, mai 2004, s.70) neuroökonomie ist ein wissenschaftszweig, der sich mit physiologischen und psychologischen grundlagen ökonomischen handelns beschäftigt.

glauben sie, dass man fremden generell vertrauen kann?“ fragten forscher tausende von menschen in 41 ländern. ihr ergebnis: länder, in denen sich menschen gegenseitig vertrauen (wie norwegen mit 65%, schweden mit 60% oder deutschland mit 41%), sind wirtschaftlich erfolgreicher, als länder mit wenig vertrauen (brasilien 3%, peru 5%). „wo die menschen wenig einander vertrauen, wird auch wenig investiert“.

diese makroökonomische bedeutung von vertrauen lässt sich auch im experiment belegen. in einem spiel erhält spieler 1 zehn euro. er kann nun einem teil davon einen ihm völlig fremden und anonymen spieler 2 schenken. in diesem fall verdreifacht sich der betrag. spieler 2 entscheidet dann, ob er davon spieler 1 etwas zurück schickt oder alles behält.

was tun?
  • risiko vermeiden: geht spieler 1 auf nummer sicher, behält er seine 10 euro.
  • risiko eingehen, vertrauen haben: verschenkt spieler 1 alles, läuft er gefahr, alles zu verlieren, hat aber auch die chance, am ende weit mehr als 10 euro zu haben.
  • egoismus: spieler 2 kann das gesamte geschenk behalten und so seinen nutzen maximieren (so wie es die klassische wirtschaftstheorie lehrt).

in den experimenten zeigte sich, dass immerhin mehr als die hälfte der spieler 1 einen teil ihres einsatzes in das risikoreiche spiel investierte. viel wichtiger aber: drei viertel der spieler 2 bedankten sich, indem sie einen nennenswerten teil des geldes zurückschenkten, so dass beide spieler profitierten.

während dieses spiels zeigte sich, dass bei den vertrauenswürdigen spielern der spiegel des hormons oxytocin signifikant anstieg. dieses hormon wird z.b. auch von jungen müttern, in partnerschaften und familien verstärkt produziert – im zusammenhang mit allen sozialen aktionen wie sex, berührung oder einem persönlichen gespräch.

zeigte dagegen spieler 1 misstrauen, indem er nur sehr wenig investierte, reagierte spieler 2 (wenn es sich dabei um einen mann handelte) mit verstärktem ausstoß von testosteron, dem männlichen geschlechtshormon, das auch bei kampf, rivalität und abwehr aktiviert wird.
nur das wahrgenommene misstrauen anderer aktiviert also den egoisten in uns.

was lernen wir daraus?

  • vertrauen funktioniert - ein teil der menschen ist gerade deshalb besonders erfolgreich, weil er nicht auf misstrauen und konkurrenz setzt, sondern auf kooperation.
  • kooperationsbereitschaft ist kein gesellschaftlich gesetzter zwang zur kontrolle des homo lupus, sondern eine biologisch verankerte erfolgsstrategie.

(fand ich spannend ...)

 

 
 
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