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12. juli 2003


barranco de cabra

drei stunden können sehr intensiv sein - auch beim wandern. barranco de cabra heißt eine schlucht in der nähe meines hauses. und obwohl ich nun schon fast zwei jahre hier lebe, habe ich sie noch nie erkundet. gibt es nicht doch begehbare wege? vielleicht sogar bis auf den berg? heute also: volle bergausrüstung und los.

 

zunächst bietet sich die schlucht ganz freundlich an: im ausgetrockneten flussbett steige ich über große steine stetig bergan, vorbei an palmen und den letzten terrassen. die geräusche des tales bleiben zurück, nur gelegentlich zieht eine schwalbe an mir vorbei, schreit eine ziege. jede minute ein neuer blick, ein neues ahhh! weit über mir sehe ich den grat von la merica - unerreichbar jenseits von steilen basaltwänden.

je höher ich steige, desto enger, steiler wird die schlucht. bizarre höhlen in den lava-bergen. aus dem gemütlichen wandern wird zunehmend ein klettern. ich beginne, an den rückweg zu denken und präge mir markante steine für den besten weg ein: von oben sieht jeder weg anders aus.

schließlich stehe ich vor einer steilen wand - im winter ein mächtiger wasserfall. ich muss das flussbett verlassen und begehbare umwege suchen. es gibt sie, doch sie führen über lose geröllfelder, die bei jedem schritt nachgeben und steine jeder größe zehn oder zwanzig meter tief ins tal schicken. hoch über mir sehe ich immer wieder ziegen an der steilen wand entlang springen. selbst diese extremkletterer scheinen vor jedem schritt und sprung zu überlegen.

 

wolken ziehen auf, ein kalter wind pfeift durch das tal. nach einer stunde klettern bin ich erschöpft. der schweiß tropft, der zuckerspiegel sinkt, die knie zittern: pause mit blick über das tal.

"das ist einfach nur fahrlässig und dumm!" ruft eine stimme in mir, "du setzt so viel auf's spiel! die abstiege auf diesen rutschigen geröllfeldern sind richtig gefährlich. wenn du dir hier nur den knöchel verstauchst, kommst du nicht mehr raus, nicht mal mit dem hubschrauber! und keiner weiß, dass du hier bist. was willst du dir beweisen?"
"ach, halt doch die klappe", hält die andere stimme dagegen. "ist mir schon je etwas schlimmes dabei passiert? ich gehe langsam, ich bin gut ausgerüstet und ich habe viel viel zeit! wenn ich immer nur die sicheren wege gehe, lerne ich nie wirklich neues kennen."

ich muss grinsen - die beiden stimmen kommen mir bekannt vor, es sind alte bekannte, sie beschäftigen mich nicht nur beim wandern.

was tun? ich erkenne die positiven absichten jeder stimme und lasse sie miteinander verhandeln. sie schließen einen kompromiss: wir (denn wir sind ja nun zu dritt) gehen bis zur nächsten ecke und entscheiden dann, ob wir weiter gehen: wenn es genauso unwirtlich weiter geht, kehren wir um, wenn es deutlich einfacher wird, gehen wir weiter.

als wir aufbrechen, werden die wolken dichter, der wind stärker. die nächste ecke ist nicht weit. sie offenbart einen wunderschönen blick: eine steil eingeschnittene schlucht, einige palmen, höhlen - aber leider so steil, dass die erste stimme in mir hörbar aufatmet und die zweite stimme überzeugt zustimmt: "umkehren!"

nach einer stunde sind wir wieder wohlbehalten am ausgang der schlucht - rundum zufrieden, denn wir haben neues entdeckt und uns dennoch an unseren grenzen orientiert.

danke, ihr beiden!

 

 

 
 
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