mutig
"Der
Staatsdienst muß zum Nutzen derer geführt werden, die
ihm anvertraut werden,
nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist."
Marcus Tullius Cicero
doch
die clique um cowboy bush bereitet weiter ihren (!) krieg
vor - nahezu isoliert gegen die vereinten nationen, gegen
ihre wichtigesten partner, gegen weite teile der amerikanischen
öffentlichkeit.
der umgangston wird härter, jahrlelange us-freunde,
die zum abwägen und nachdenken raten, werden als verräter
beschimpft. verbündeten staaten werden 'ernste konsequenzen'
angedroht, wenn sie die us-politik behindern.
nicht alle
menschen sind offenbar bereit, ihr wertsystem der hysterie zu
opfern.
aktuelles beispiel: der us-diplomat john brady kiesling
- aus protest gegen den kurs der us-regierung bat er vor wenigen
tagen um seine entlassung aus dem dienst.
sein von der washington post veröffentlichter brief
an us-außenminister colin powell ist eine
anklage. so schrieb er: "die politik, die wir nun vertreten
sollen, ist nicht nur unvereinbar mit den amerikanischen werten,
sondern auch mit den amerikanischen interessen". der
irak-kurs werde instabilität und gefahr, nicht sicherheit
bescheren.
hier der brief im volltext - in deutscher und englischer
sprache.
Offener
Brief des US-Diplomaten John Kiesling an Colin Powell
Sehr geehrter
Herr Außenminister, hiermit erkläre ich meinen Rücktritt
vom diplomatischen Dienst der Vereinigten Staaten und von meinem
Amt als politischer Berater in der amerikanischen Botschaft in
Athen. Es ist ein Schritt, der mir sehr schwer fällt.
Bis zur Amtsübernahme
der gegenwärtigen Regierung glaubte ich daran, dass ich mit
der Politik des Präsidenten auch die Interessen des amerikanischen
Volks vertrat. Daran glaube ich nicht mehr.
Unsere Politik
ist nicht nur unvereinbar mit amerikanischen Werten, sondern auch
mit amerikanischen Interessen. Mit unserem unermüdlichen
Drängen auf einen Krieg gegen den Irak verspielen wir die
internationale Reputation, die seit Woodrow Wilson Amerikas wirksamste
Waffe war. Wir sind dabei, das weitreichendste und effektivste
Netzwerk internationaler Beziehungen zu zerstören, das es
je gab. Unser Kurs wird zu mehr Instabilität und Gefahr führen,
nicht zu mehr Sicherheit.
Die Opferung
globaler zugunsten innenpolitischer Interessen ist nicht neu und
sicherlich kein spezifisch amerikanisches Problem. Dennoch: Seit
dem Vietnamkrieg gab es keine so systematische Verzerrung nachrichtendienstlicher
Erkenntnisse, keine so systematische Manipulation der öffentlichen
Meinung mehr.
Die Tragödie
vom 11. September hat uns stärker denn je gemacht. Eine riesige
internationale Allianz stand uns zur Seite, um mit uns gegen den
Terrorismus vorzugehen. Doch statt darauf zu bauen, machte die
Regierung den Terrorismus zum Werkzeug der Innenpolitik. Wir haben
Verunsicherung und übertriebene Furcht in das kollektive
Bewusstsein gepflanzt, indem wir Terrorismus und Irak, zwei Probleme,
die nichts miteinander zu tun haben, verknüpften. Das Ergebnis,
vielleicht auch das Ziel dieser Politik ist eine Umschichtung
des schrumpfenden Staatsvermögens zugunsten des Militärhaushalts
und die Erosion jener Mechanismen, die die Bürger vor der
harten Hand des Staates schützen. Der 11. September hat das
Gewebe der amerikanischen Gesellschaft weniger stark beschädigt
als wir selbst in dessen Folge. Sollen wir uns wirklich das Russland
der Romanows zum Vorbild nehmen, ein egoistisches, abergläubisches
Regime, das im Namen eines gefährdeten Status Quo der Selbstzerstörung
entgegen jagte?
Wir sollten
uns fragen, warum es uns nicht gelungen ist, die Welt davon zu
überzeugen, dass ein Krieg gegen den Irak notwendig ist.
Nach welchem Vorbild wollen wir den Mittleren Osten wiederaufbauen?
Sind wir wirklich taub geworden, so wie Russland in Tschetschenien
und Israel in den besetzten Gebieten taub für unseren
eigenen Rat, dass überwältigende militärische Macht
nicht die Antwort auf Terrorismus sein kann?
Wir haben
noch immer viele Freunde. Ihre Loyalität ist beeindruckend,
sie ist ein Tribut an das moralische Kapital, das Amerika ein
Jahrhundert lang gesammelt hat. Doch Loyalität beruht auf
Gegenseitigkeit. Warum duldet unser Präsident die Verächtlichkeit,
die einige der höchstrangigen Mitglieder dieser Regierung
unseren Freunden gegenüber an den Tag legen? Ist oderint
dum metuant unser Motto geworden?
Ich appelliere
an Sie, Amerikas Freunden zuzuhören. Wenn unsere Freunde
mehr Angst vor uns als um uns haben, wird es Zeit, dass wir uns
Sorgen machen. Wer wird sie davon überzeugen, dass die Vereinigten
Staaten auch weiterhin ein Verfechter von Freiheit, Sicherheit
und Gerechtigkeit sind?
Herr Minister,
ich habe größten Respekt für Ihren Charakter und
Ihre Fähigkeiten. Sie haben uns mehr internationale Glaubwürdigkeit
gesichert, als unsere Politik verdient. Aber Ihre Treue zum Präsidenten
geht zu weit. Ich trete zurück, weil ich es mit meinem Gewissen
nicht länger vereinbaren kann, diese Regierung zu vertreten.
Ich bin aber zuversichtlich, dass der demokratische Prozess Fehler
selbst korrigiert,und hoffe, in Zukunft von außen zu einer
Politik beitragen zu können, die der Sicherheit und dem Wohlstand
des amerikanischen Volkes und der Welt eher dient.
U.S.
Diplomat's Letter of Resignation
The following
is the text of John Brady Kiesling's letter of resignation to
Secretary of State Colin L. Powell. Mr. Kiesling is a career diplomat
who has served in United States embassies from Tel Aviv to Casablanca
to Yerevan.
Dear Mr.
Secretary:
I am writing you to submit my resignation from the Foreign Service
of the United States and from my position as Political Counselor
in U.S. Embassy Athens, effective March 7. I do so with a heavy
heart. The baggage of my upbringing included a felt obligation
to give something back to my country. Service as a U.S. diplomat
was a dream job. I was paid to understand foreign languages and
cultures, to seek out diplomats, politicians, scholars and journalists,
and to persuade them that U.S. interests and theirs fundamentally
coincided. My faith in my country and its values was the most
powerful weapon in my diplomatic arsenal.
It is inevitable
that during twenty years with the State Department I would become
more sophisticated and cynical about the narrow and selfish bureaucratic
motives that sometimes shaped our policies. Human nature is what
it is, and I was rewarded and promoted for understanding human
nature. But until this Administration it had been possible to
believe that by upholding the policies of my president I was also
upholding the interests of the American people and the world.
I believe it no longer.
The policies
we are now asked to advance are incompatible not only with American
values but also with American interests. Our fervent pursuit of
war with Iraq is driving us to squander the international legitimacy
that has been America's most potent weapon of both offense and
defense since the days of Woodrow Wilson. We have begun to dismantle
the largest and most effective web of international relationships
the world has ever known. Our current course will bring instability
and danger, not security.
The sacrifice
of global interests to domestic politics and to bureaucratic self-interest
is nothing new, and it is certainly not a uniquely American problem.
Still, we have not seen such systematic distortion of intelligence,
such systematic manipulation of American opinion, since the war
in Vietnam. The September 11 tragedy left us stronger than before,
rallying around us a vast international coalition to cooperate
for the first time in a systematic way against the threat of terrorism.
But rather than take credit for those successes and build on them,
this Administration has chosen to make terrorism a domestic political
tool, enlisting a scattered and largely defeated Al Qaeda as its
bureaucratic ally. We spread disproportionate terror and confusion
in the public mind, arbitrarily linking the unrelated problems
of terrorism and Iraq. The result, and perhaps the motive, is
to justify a vast misallocation of shrinking public wealth to
the military and to weaken the safeguards that protect American
citizens from the heavy hand of government. September 11 did not
do as much damage to the fabric of American society as we seem
determined to so to ourselves. Is the Russia of the late Romanovs
really our model, a selfish, superstitious empire thrashing toward
self-destruction in the name of a doomed status quo?
We should
ask ourselves why we have failed to persuade more of the world
that a war with Iraq is necessary. We have over the past two years
done too much to assert to our world partners that narrow and
mercenary U.S. interests override the cherished values of our
partners. Even where our aims were not in question, our consistency
is at issue. The model of Afghanistan is little comfort to allies
wondering on what basis we plan to rebuild the Middle East, and
in whose image and interests. Have we indeed become blind, as
Russia is blind in Chechnya, as Israel is blind in the Occupied
Territories, to our own advice, that overwhelming military power
is not the answer to terrorism? After the shambles of post-war
Iraq joins the shambles in Grozny and Ramallah, it will be a brave
foreigner who forms ranks with Micronesia to follow where we lead.
We have a
coalition still, a good one. The loyalty of many of our friends
is impressive, a tribute to American moral capital built up over
a century. But our closest allies are persuaded less that war
is justified than that it would be perilous to allow the U.S.
to drift into complete solipsism. Loyalty should be reciprocal.
Why does our President condone the swaggering and contemptuous
approach to our friends and allies this Administration is fostering,
including among its most senior officials. Has 'oderint dum metuant'
really become our motto?
I urge you
to listen to America's friends around the world. Even here in
Greece, purported hotbed of European anti-Americanism, we have
more and closer friends than the American newspaper reader can
possibly imagine. Even when they complain about American arrogance,
Greeks know that the world is a difficult and dangerous place,
and they want a strong international system, with the U.S. and
EU in close partnership. When our friends are afraid of us rather
than for us, it is time to worry. And now they are afraid. Who
will tell them convincingly that the United States is as it was,
a beacon of liberty, security, and justice for the planet?
Mr. Secretary,
I have enormous respect for your character and ability. You have
preserved more international credibility for us than our policy
deserves, and salvaged something positive from the excesses of
an ideological and self-serving Administration. But your loyalty
to the President goes too far. We are straining beyond its limits
an international system we built with such toil and treasure,
a web of laws, treaties, organizations, and shared values that
sets limits on our foes far more effectively than it ever constrained
America's ability to defend its interests.
I am resigning
because I have tried and failed to reconcile my conscience with
my ability to represent the current U.S. Administration. I have
confidence that our democratic process is ultimately self-correcting,
and hope that in a small way I can contribute from outside to
shaping policies that better serve the security and prosperity
of the American people and the world we share.
quelle: http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/Irak/kiesling.html