herr gustafsson
"Es gibt
den Ernst. Es gibt die Güte. Ich muß meinen Ernst wiedergewinnen.
Irgendwo wird man ihn eines Tages brauchen. Ich kann mich nicht
ewig von meiner eigenen Angst zum Narren machen Lassen, einer
Angst, die mir von Menschen eingegeben wurde, die mir schon lange
nichts mehr bedeuten, und die sie ihrerseits von Menschen geerbt
haben, die schon lange tot sind. Welch ein Narrenspiel ist nicht
meine Gebrechlichkeit, meine Angst, meine Furcht davor, daß
niemand mich lieben könnte. Und wie sehr habe ich nicht den
Kräften des Todes, des Untergangs gedient, indem ich die
Liebe verleugnete, die in mir ist. Es gibt nur eine Wahl: die
zwischen Gemeinschaft und Untergang, und wir müssen uns entscheiden.
Ich werde
von Dämonen gejagt, wo ich auch bin, verfolgt mich das Gelächter
der Konspirationen, man verachtet mich und lacht mir offen ins
Gesicht: das große durchdringende Teufelsgelächter
des Hohns, das Hohngelächter, das die ausgeschlossenen Wasserspeier
an den Außenmauern von Notre Dame in den Raum schleudern.
Aber hätte das irgendeine Bedeutung, wenn ich nicht selbst
mit dem Hohn zusammenarbeitete, wenn ich mich nicht selbst mit
dem Tod in mir einließe?
Die Konspirationen
sind da, sie umgeben mich wirklich. Das Hohngelächter läßt
sich nicht verleugnen: es ist da. Aber auch Viren umgeben mich:
in dem Luftvolumen eines Zimmers sind immer zehntausende von Virusarten
vorhanden, immer ein paar Bakterien der großen Pest. Mit
ihnen arbeite ich nicht zusammen. Mein Körper braucht sie
nicht, sie berühren mich nicht.
Ich weiß,
daß meine Angst letztlich ein Narrenspiel ist. Ich weiß,
daß die Kraft da ist, daß ich zuinnerst aus reiner
Kraft bestehe.
Nicht die Nähe des Todes war es, sondern daß ich mich
mit dem Tod einließ. Nicht der Zustand der Welt machte mich
trauern, sondern daß ich ihren Zustand als selbstverständlich
hinnahm: das ist meine Trauer."
Lars Gustafsson: Herr Gustafsson persönlich, S.52