virtual life
aufregend, dieses ambulante Leben. noch vor wenigen jahren hätte
ich mir nicht vorstellen können, so zu leben: verteilt, häufig
zwischen verschiedenen standorten reisend, viel unterwegs zu sein, ohne
heimat, ohne allzu feste bezugspersonen, ohne lebensmittelpunkt.
gerade bin ich dabei, meine wohnung in nürnberg auszuräumen.
statt der bisherigen üppigen 70 qm wird mein basislager deutschland
künftig nur noch 12 qm umfassen.
assoziationen
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wie wohltuend
es doch ist, sich von ballast zu befreien. weniger dinge zu besitzen
heißt für mich auch, mir weniger gedanken um sie machen zu
müssen. das entlastet. |
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nur wo leerer
raum ist, kann auch neues entstehen, das diesen raum füllt - und
wenn es nur ein schönes bild ist. ;-) |
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manchmal ist
es schon ziemlich schwer, sich von alten dingen zu trennen - selbst
wenn ich weiß, dass ich sie nie mehr brauchen werde. je älter
die dinge, desto wertvoller werden sie. und bleiben. |
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es ist schön,
festzustellen, was vermeintliche und was echte bedürfnisse sind:
bett, bücher, musik, klamotten, schreibtisch, notebook - freunde
! |
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das, was ich
bislang recht großzügig an äußerem raum in anspruch
nahm, wird künftig mehr und mehr im inneren raum stattfinden, in
kopf, bauch und notebook - und im netz. |
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vor einiger zeit hatte ich gelegenheit, meine lebensform mit unterstützung
von außen zu reflektieren: ein mitarbeiter der bundeswehrhochschule
münchen erarbeitet eine studie zum thema mobilitätspioniere
- wir trafen uns zu einem höchst spannenden und aufschlussreichen
interview ( - vielen dank, sven! )
was mir dabei klarer wurde: ich bin eben dabei, mich zunehmend zu virtualisieren.
reale orte wie die wohnungen in nürnberg oder auf gomera verlieren
zunehmend ihre identitäts-stiftende oder -stabilisierende bedeutung
für mich. immer mehr reduziere ich meine materielle umgebung: mein
hausrat auf der insel lässt sich bequem in vier kleinen kartons verpacken,
meine basisstation in nürnberg fasst nicht sehr viel mehr.
immer größere bedutung gewinnen dagegen meine startrampen in
die digitalen und virtuellen welten: wichtige teile meiner existenz trage
ich in meinem notebook stets bei mir.
der für mich wichtigste ort auf der welt?diese website www.mygomera.de.
eine virtuelle heimat: über sie halte ich kontakt, teile mich freunden
und bekannten mit, kommuniziere mit ihnen, wo auch immer ich bin, wo auch
immer sie sind.
diese technische infrastruktur ist für mich von existenzieller persönlicher
bedeutung: vor einigen wochen lief der server einige tage nicht, die website
war nicht erreichbar. dadurch fühlte ich mich - abgeschnitten von
meinem sozialen umfeld - in meiner existenz regelrecht bedroht. peinlich
genau achte ich natürlich darauf, regelmäßig backups meiner
daten zu machen, virenscanner zu aktualisieren, ...
auch meine arbeitssituation verlagert sich immer mehr ins netz: zwar reise
ich - für reale seminare oder projektarbeit - regelmäßig
nach deutschland. doch die vorbereitung, das recherchieren und organisieren,
die pflege meiner websites (www.top-info.com
usw.) sind reine telearbeit. und egal, ob ich mich gerade in nürnberg,
frankfurt, münchen, gomera oder italien aufhalte: die form dieser
arbeit und mein arbeitsraum - das netz - sind dabei stets identisch.
diese fortschreitende virtualisierung dominiert auch mehr und mehr
meine private kommunikation. noch immer ist das persönliche gespräch
- am liebsten bei einem cappuccino oder einem glas rotwein - meine bevorzugte
form. doch e-mail ist für mich inzwischen weit wichtiger als telefonieren,
briefe oder karten schreibe ich fast überhaupt nicht mehr. die folge:
es geschieht immer häufiger, dass ich mit neuen auftraggebern monatelang
per mail kommuniziere, bevor wir uns persönlich kennenlernen. auch
die bedeutung von freunden wird zunehmend bestimmt durch ihre virtuelle
nähe, reale entfernungen spielen immer weniger eine rolle. der kontakt
zu freunden und bekannten ohne internet-zugang verliert sich mehr und
mehr.
bedauere ich das?
nein - ich stelle es nur fest.
wo das alles enden soll?
woher soll ich das wissen?!
wann das enden soll?
nicht allzu bald, hoffe ich.
;-)
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