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4. juli 2001


virtual life

aufregend, dieses ambulante Leben. noch vor wenigen jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, so zu leben: verteilt, häufig zwischen verschiedenen standorten reisend, viel unterwegs zu sein, ohne heimat, ohne allzu feste bezugspersonen, ohne lebensmittelpunkt.

gerade bin ich dabei, meine wohnung in nürnberg auszuräumen. statt der bisherigen üppigen 70 qm wird mein basislager deutschland künftig nur noch 12 qm umfassen.

vorher
nachher
vorher
nachher

assoziationen

wie wohltuend es doch ist, sich von ballast zu befreien. weniger dinge zu besitzen heißt für mich auch, mir weniger gedanken um sie machen zu müssen. das entlastet.
nur wo leerer raum ist, kann auch neues entstehen, das diesen raum füllt - und wenn es nur ein schönes bild ist. ;-)
manchmal ist es schon ziemlich schwer, sich von alten dingen zu trennen - selbst wenn ich weiß, dass ich sie nie mehr brauchen werde. je älter die dinge, desto wertvoller werden sie. und bleiben.
es ist schön, festzustellen, was vermeintliche und was echte bedürfnisse sind: bett, bücher, musik, klamotten, schreibtisch, notebook - freunde !
das, was ich bislang recht großzügig an äußerem raum in anspruch nahm, wird künftig mehr und mehr im inneren raum stattfinden, in kopf, bauch und notebook - und im netz.


vor einiger zeit hatte ich gelegenheit, meine lebensform mit unterstützung von außen zu reflektieren: ein mitarbeiter der bundeswehrhochschule münchen erarbeitet eine studie zum thema mobilitätspioniere - wir trafen uns zu einem höchst spannenden und aufschlussreichen interview ( - vielen dank, sven! )

was mir dabei klarer wurde: ich bin eben dabei, mich zunehmend zu virtualisieren. reale orte wie die wohnungen in nürnberg oder auf gomera verlieren zunehmend ihre identitäts-stiftende oder -stabilisierende bedeutung für mich. immer mehr reduziere ich meine materielle umgebung: mein hausrat auf der insel lässt sich bequem in vier kleinen kartons verpacken, meine basisstation in nürnberg fasst nicht sehr viel mehr.

immer größere bedutung gewinnen dagegen meine startrampen in die digitalen und virtuellen welten: wichtige teile meiner existenz trage ich in meinem notebook stets bei mir.
der für mich wichtigste ort auf der welt?diese website www.mygomera.de. eine virtuelle heimat: über sie halte ich kontakt, teile mich freunden und bekannten mit, kommuniziere mit ihnen, wo auch immer ich bin, wo auch immer sie sind.

diese technische infrastruktur ist für mich von existenzieller persönlicher bedeutung: vor einigen wochen lief der server einige tage nicht, die website war nicht erreichbar. dadurch fühlte ich mich - abgeschnitten von meinem sozialen umfeld - in meiner existenz regelrecht bedroht. peinlich genau achte ich natürlich darauf, regelmäßig backups meiner daten zu machen, virenscanner zu aktualisieren, ...

auch meine arbeitssituation verlagert sich immer mehr ins netz: zwar reise ich - für reale seminare oder projektarbeit - regelmäßig nach deutschland. doch die vorbereitung, das recherchieren und organisieren, die pflege meiner websites (www.top-info.com usw.) sind reine telearbeit. und egal, ob ich mich gerade in nürnberg, frankfurt, münchen, gomera oder italien aufhalte: die form dieser arbeit und mein arbeitsraum - das netz - sind dabei stets identisch.

diese fortschreitende virtualisierung dominiert auch mehr und mehr meine private kommunikation. noch immer ist das persönliche gespräch - am liebsten bei einem cappuccino oder einem glas rotwein - meine bevorzugte form. doch e-mail ist für mich inzwischen weit wichtiger als telefonieren, briefe oder karten schreibe ich fast überhaupt nicht mehr. die folge: es geschieht immer häufiger, dass ich mit neuen auftraggebern monatelang per mail kommuniziere, bevor wir uns persönlich kennenlernen. auch die bedeutung von freunden wird zunehmend bestimmt durch ihre virtuelle nähe, reale entfernungen spielen immer weniger eine rolle. der kontakt zu freunden und bekannten ohne internet-zugang verliert sich mehr und mehr.

bedauere ich das?
nein - ich stelle es nur fest.

wo das alles enden soll?
woher soll ich das wissen?!

wann das enden soll?
nicht allzu bald, hoffe ich.

;-)

 

 

 
 
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